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12.2.1998
Wachsende Verwirrung um die Schreibreform
Keine Klarheit über Haltung der Kultusminister

Frankfurt am Main - Die Verwirrung über die Rechtschreibreform wird immer größer. Weder der Rechtsausschuß des Bundestages noch die Kultusministerkonferenz (KMK) konnten gestern Klarheit über ihre Haltung zu "Beschlußempfehlungen" schaffen. Grund für die Konfusion ist ein bisher nicht veröffentlichter Bericht der zwischenstaatlichen Rechtschreibkommission, in dem den Kultusministern geraten wird, davon Abstand zu nehmen, die Reform in der bisher vorgesehenen Form zum 1.August in Kraft zu setzen.

Doch über genau diesen Rat wollen sich die Kultusminister nach einer gestern verbreiteten "Beschlußempfehlung" offenbar hinwegsetzen. In dem von der Amtschefskonferenz der KMK unterzeichneten Papier wird behauptet, das neue Regelwerk halte "kritischen Einwendungen" stand. Es könne daher wie geplant ohne "Reform der Reform" zum 1. August eingeführt werden. Über diese "Empfehlung" wollen die Kultusminister am 26. Februar beraten.

Auch der Rechtsausschuß des Bundestages, der zum wiederholten Mal über den vor mehr als einem Jahr vorgelegten Gruppenantrag von mehr als 50 Bundestagsabgeordneten zum Stopp der Rechtschreibreform beriet, vertagte das Thema ein weiteres Mal - nunmehr auf Anfang März. Eine fertig ausgearbeitete Beschlußempfehlung für den Bundestag, die Reform für ein Jahr auszusetzen und eine neue Kommission mit einer maßvollen Angleichung der Rechtschreibung an den Schriftgebrauch zu betrauen, blieb unbearbeitet.

Angesichts des Durcheinanders forderte der FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt die Kultusminister auf, "sich auf eine von der alten Rechtschreibung ausgehende kleinere Reform zu konzentrieren". Sie solle "extern begutachtet" werden und "Spitzfindigkeiten und Widersprüche der bisherigen Schreibung auskämmen." Auch FDP-Parteichef Wolfgang Gerhardt setzte sich für ein Moratorium sowie für die Einsetzung einer neuen, unabhängigen Rechtschreibkommission ein. Ein "Innehalten" sei nicht reformfeindlich, "sondern Ausdruck des Verantwortungsbewußtseins gegenüber der Sprachgemeinschaft".

Das Institut für deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft der Universität Erlangen hat es unterdessen abgelehnt, die neue Rechtschreibung wegen erwiesener "sachlicher Miserabiltät" anzuwenden. In einem der WELT bekanntgewordenen Schreiben des Geschäftsführenden Vorstandes, Peter Horst Neumann, an das Bayerische Kultusministerium betrachten die Professoren "die verwaltungstechnische Durchsetzung" der Reform "als einen durch nichts zu rechtfertigenden Eingriff in den Gegenstand unserer Wissenschaft".


Quelle: Die Welt; per Mail geschickt bekommen...

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